EU-Verordnung für klinische Medikamententests am Menschen verabschiedet

Abgeordnete des Europäischen Parlaments und des Ministerrats haben sich am 20.12.2013 auf neue Regeln für Arzneimitteltests am Menschen geeinigt. Die Verordnung bestimmt, wie künftig klinische Studien durchzuführen sind und wie mit den ermittelten Daten umgegangen werden soll. Nun muss der ausgehandelte Entwurf durch den Ministerrat und das Europäische Parlament Anfang 2014 genehmigt werden, was aber als Formsache gilt.

Geplant ist eine deutliche Verbesserung der Transparenz, denn die Ergebnisse einer klinischen Prüfung müssen auch dann veröffentlicht werden, wenn sie negativ sind. Vor Beginn müssen alle Tests registriert werden. Nur persönliche Daten der Prüfungsteilnehmer und Betriebsgeheimnisse sind von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen.

Vor eineinhalb Jahren hatte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine neue Regelung von Arzneimitteltests vorgelegt. Ethiker, Mediziner, Politiker und Lobbyisten stritten über Bürokratieabbau, Patientenschutz und vor allem über die Rolle der Ethikkommissionen. Zunächst hatte die EU-Kommission diese nicht mehr ausdrücklich vorgesehen. Kritiker warfen der Kommission vor, Patienten zum Verfügungsobjekt medizinischer Forschung machen zu wollen. Viele dieser kritischen Punkte wurden nun geändert. So darf ohne das zustimmende Votum einer Ethikkommission in der EU auch weiterhin keine klinische Prüfung durchgeführt werden.

Mit ihrer Verordnung kommt die Europäische Kommission dem Drängen vieler Mediziner und Organisationen nach, die seit Langem eine grössere Transparenz in der Medizin gefordert hatten. Und sie stärkt damit die europäische Zulassungsbehörde (EMA), welche die Veröffentlichung klinischer Studien einstellen musste, weil zwei Pharmafirmen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt hatten. Diese befürchteten, dass auf diese Weise kommerziell vertrauliche Informationen an Mitbewerber weitergegeben werden.

Die Transparenzregelungen sind aber nur ein Teil der EU-Verordnung. Ihr eigentliches Ziel ist es, Arzneimitteltests europaweit zu vereinheitlichen. Bereits zwei Drittel aller Patienten in klinischen Studien nehmen an länderübergreifenden Studien teil. Das ist ein höchst komplizierter Prozess, da Anträge in unterschiedlichen Ausführungen den Behörden jedes einzelnen teilnehmenden Landes vorgelegt werden müssen. Um einen einzigen Antrag zu bearbeiten, braucht es manchmal mehr als ein Jahr. Die unterschiedlichen Auflagen sollen nun vereinheitlicht werden, was nach Überzeugung vieler Mediziner überfällig ist. Damit sollen Studien auch für freie Forschergruppen mit weniger Bürokratie und geringeren Kosten verbunden sein.

Künftig soll es ein elektronisches Antragsdossier sowie einen berichterstattenden Mitgliedsstaat geben, der die Studienkoordination übernimmt. Sämtliche Ergänzungen oder Einwände müssen nicht mehr in jedem EU-Land, sondern nur noch einmal zentral vorgebracht werden. Somit bedeutet die neue Richtlinie trotz einiger Kompromisse eine wesentliche Verbesserung für die Patienten und Forschende in Europa.

Aufgrund der engen bilateralen Verflechtung der Schweiz mit der EU ist diese Praxisänderung auch für hiesige Verhältnisse von Bedeutung. Allerdings bleibt zu prüfen, wie sich die Verordnung auf die Schweiz auswirkt. Zwei Fragen drängen sich auf:

  • Ist die Schweiz einem berichterstattenden EU-Mitgliedsstaat gleichgestellt, oder muss die Berichterstattung durch einen der beteiligten EU-Staaten erfolgen?
  • Muss die Schweiz ihre Regelung zu Arzneimitteltests den bald vereinheitlichten Tests in der EU anpassen, wenn sie weiterhin an EU-Forschungsprogrammen teilnehmen möchte?

Weitere Fragen werden hinzukommen, doch sollte sich die schweizerische Politik dem bald annehmen, damit die hiesige Arzneimittelforschung EU-kompatibel ist und wettbewerbsfähig bleibt.